Alternative Hafenrundfahrt. Gegen das Vergessen.
15.06.2025 22:45
Knobi macht mich per Link darauf aufmerksam, dass es wieder eine alternative Hafenrundfahrt gibt. So etwas Ähnliches haben wir auch schon in einem Winter vor ein paar Jahren auf der Alster gemacht. Jetzt also im Hamburger Hafen. Organisiert wird diese alternative Hafenrundfahrt von der Stiftung Gedenkstätten Hamburg, welche sich aus der Gedenkstätte KZ Neuengamme entwickelte, weil damals zum 800-jährigen Hamburger Hafengeburtstag, sich der Hafen zwar herausgeputzt hatte und sich kräftig auf die Schultern schlug, dabei aber jegliche Beteiligung oder Unterdrückung, Ausnutzung von KZ Insass*innen, Zwangsarbeiter*innen und sowjetischen und italienischen Kriegsgefangen entzog. Die Zeit des Nationalsozialismus kam bei den Feierlichkeiten gar nicht vor. Doch zunächst traf ich mich am Nachmittag mit Knobi am Baumwall, wo unsere Fahrt stattfinden sollte und wo auch der Heimathafen ist. Dort sollten wir auch noch andere treffen. Da Knobi und ich beizeiten da waren, sind wir schon rein und ich habe mir auch gleich etwas zum Essen bestellt. Warum so gierig? Weil ich seit gestern Abend nichts mehr gegessen hatte. Bei Instagram ist auch mein Essen beschrieben: Salat mit Hähnchenbrust, Ziegenkäse und Brot. Dazu alkoholfreies Weißbier. Auf den anderen Bildern ist das Essen der Anderen. !7:15 Uhr war dann das Treffen am roten Feuerschiff, 17:30 Uhr ging die Fahrt auf der Barkasse los. Geleitet, begleitet, mit vielen Ausführungen versehen wurde diese alternative Hafenrundfahrt von Herbert Diercks und Lukas Kaiser. Herbert ist auch der Herausgeber der Begleitbroschüre. ![]() ![]() Rotes Feuerschiff. ![]() Unsere Barkasse. ![]() Doch zunächst etwas um das Schunkeln der Barkasse auszugleichen. Lukas & Herbert schafften es, diese etwas über zwei Stunden stattfindenden Fahrt durch den Hamburger Hafen, welche Abseits der Touristentouren schipperte, interessante, aber auch schockierende Details zu vermitteln. Doch auch wir kamen nicht am gigantischen Touristen-Hotspot vorbei. ![]() Während bei der Fahrt auch Teile, teils verfallene, teils neu genutzte Schuppen, teils auch Ausstellungen, auch der Aufarbeitung des NS-Regimes erläutert wurde, kamen wir eben auch an Orten/Funktionsgebäuden vorbei, die man so auch nicht auf dem Schirm hat(te). ![]() ![]() Es wurde vom Beginn der Weltwirtschaftskrise, dem Aufkommen des Nationalsozialismus berichtet. Ebenso die Enteignung, auch als Arisierung bekannt, jüdischen Eigentums (Werften usw.). Dabei wurde auch erwähnt, dass der Vater von Klaus-Michael Kühne maßgeblich am Transport von enteigneten und gestohlenen Gütern jüdischer Mitmenschen (europaweit) beteiligt war und so sein Vermögen aufbauen konnte, welches heute dem Milliardär Klaus-Michael Kühne gehört und er sich selbst, mit seiner Firma Kühne+Nagel konsequent der Aufarbeitung der Rolle von Kühne+Nagel während der Nazizeit verwehrt. Das enteignete und gestohlene Eigentum wurde dann dem deutschen Volk versteigert, sodass dann die Hausfrau aus Wilhelmsburg mit einem Pelz durch die Gegend lief. Es gibt viele solche Beispiele, bei denen sich die Deutschen an diesen Gütern bereichert haben und das bisschen Geld dann den Nazis zum Nutzen diente. Und jetzt will er Hamburg mit einer Oper "beschenken", und dies auch noch auf historischem Grund, nach dem Motto: baue nur genügend Beton darauf, dann sieht man die Schande nicht mehr. ![]() ![]() Dieses Lagerhaus wurde auch zur Unterkunft der Gefangenen Menschen genutzt. Wenig Licht, schlechte Luft, Wasser lief in die Keller und in die "Unterkünfte". Quasi keine Ernährung und oftmals mussten sie das Wasser aus der Elbe trinken, weil ihnen auch dies verwehrt wurde. Im Hafen gab es eben auch einige Außenstellen des KZ-Neuengamme. ![]() ![]() ![]() Es gab so viel zu erfahren, es ist mir unmöglich dies alles zu berichten. Die Links können sicher einiges beitragen, die Broschüre "Der Hamburger Hafen im Nationalsozialismus" kannst Du käuflich erwerben, um Dich mit diesem Thema zu beschäftigen. Jetzt auch etwas touristisches, für mich eines der Wahrzeichen Hamburgs, die Köhlbrandbrücke. Bisher bin ich nur einmal darüber gefahren worden, nach einem Auswärtsspiel des FCSP in Bochum und einmal bin ich darüber gelaufen. Jetzt also per Barkasse darunter durch. ![]() ![]() ![]() ![]() Lukas & Herbert berichteten auch über die verschiedenen Werften, mit all ihrer Vergangenheit. U-Boot-/Schiffsbau, Erdölindustrie usw. Und doch, es gab auch positive Bespiele für den Widerstand gegen die Faschisten. Durch die Gefangenen, Zwangsarbeiter*innen und Soldat*innen, welche sich damit natürlich auch in große Gefahr begaben. Enteignet wurde auch die jüdische Eigentümerin Lucy Borchardt, der Fairplay Schleppdampfschiffs-Reederei Richard Borchardt. Nach dem Krieg wurde die Enteignung rückgängig gemacht und heute fahren die Fairplay-Schlepper durch den Hafen. ![]() ![]() ![]() Wie gesagt, ich kann nicht alles berichten, dafür reicht die Zeit nicht aus. Die Broschüre kann Dich besser aufklären als ich. Ebenso, solltest Du mal die Chance zu dieser alternativen Hafenrundfahrt haben, nutze sie. Wie immer gilt: kein Vergeben! Kein Vergessen! Herr Jens P.S. Und jetzt noch ein filmisches Schmankerl. |