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Ap
The Boys of Summer
27.04.2021 18:06

Natürlich kann man sich die Zeit mit vielen verschiedenen Dingen vertreiben. Die Auswahl ist enorm. Beispiele gefällig? Joggen, aber dies ist eher nichts für mich. Nicht weil ich nicht will. Eher so, dass ich so gar keinen Antrieb habe. Was schade ist, denn nötig hätte ich es. Gärtnern oder einfach nur etwas auf der Fensterbank züchten. Problem ist nur, ich habe gar kein Händchen bzw Daumen dafür. Es wäre schade um die Pflanzen. Und wie wäre es mit etwas handwerklichem? Ich sag mal so: wenn bei mir eine Glühbirne gewechselt werden müsste, ich würde den Hausmeister anrufen. Du erkennst auch hier mein Talent? Natürlich.

So bleiben nicht mehr viele Dinge, die mich begeistern und die ich auch handhaben kann. Traurig aber wahr.

Du hast ja schon mitbekommen, dass ich hin und wieder etwas ausgefallenes koche. Und auch beim Frühstück bin ich auf dem gesunden Weg. Mal mehr, mal weniger. Und damit vertreibe ich mir meine Zeit. Da kommt demnächst auch wieder etwas neues hinzu. Vielleicht sogar etwas japanisches. 

Doch nun zur Überschrift. The Boys of Summer? Was hat es damit auf sich? Wie Du sicher weisst, gibt es in den USA vier grosse Sportarten, welche übers Jahr verteilt sind. Und mit dem Frühling Ende März, Anfang April bis in den Herbst hinein, sind die Baseballspieler the Boys of Summer

Nichts könnte langweiliger sein, sagst Du? Ich könnte Dir 1.000 Dinge, und 187 davon wären Sportarten, aufsagen, die langweiliger sind. Nee, nee. Baseball ist schon derbe. Es ist jetzt für mich auch keine Modeerscheinung, plötzlich in aller Munde und jedeR ist auf einmal Fan davon. Nein. Schon vor über 25 Jahren wurde mein Interesse am Baseball geweckt. 

Und auch wenn es textlich nicht dazugehört, für mich immer noch die Hymne für jedes Baseballspiel. Müsste man viel öfter spielen:

Don Henley, The Boys of Summer.

Klar, mit dem Sega Mega Drive fing es an. So war es auch mit Football, Baseball und Hockey. Durch Spartensender, also hierzulande, wie NBC kam dann nicht nur das Spielen sondern auch das Zusehen hinzu. Mit Regeln und Feinheiten usw.. Und so habe ich auch Englisch gelernt :-D.

Und ich war auch 2x in den USA. Einmal für länger und einmal nur für zwei Wochen. Und was habe ich dabei gesehen, im TV, live im Stadion, und sogar im Radio gehört? Es ist wohl kein Geheimnis mehr: Baseball. Major League Baseball. Und ja, die Yankees liebt man, oder man hasst sie. Ich bin da grosser Fan von. Dafür ist mir das Team aus Boston mal so richtig egal. Und doch, mein Team, wenn man so will, dies ist ein anderes. Gleich mehr dazu.

Ich hatte damals, im Jahr 1997, mir ein Greyhound Ticket, für 500 DM, gekauft und konnte somit 4 Wochen mit den Bussen durch die USA fahren. Ähnlich, wie ich es oftmals in meinen Japaneinträgen geschrieben hatte, mit dem JR Rail Pass. Nur eben nicht auf Schienen. Und so fuhr ich zB von Buffalo nach Cleveland, und eigentlich wollte ich in Cleveland nur umsteigen auf dem Weg nach Windy City, doch da sah ich am Busbahnhof das Stadion der Indians, Jacobs Field. An eine Weiterfahrt war nicht zu denken. Der Abend war noch nicht angebrochen, ich mit meinem Köfferchen zum Stadion, Ticket gekauft und dann in der Nähe ein, nennen wir es mal Hotel, gefunden, eingecheckt und dann zurück zum Baseball.

Was soll ich groß sagen? Ich war vom Stadion, von der Atmosphäre und dem Spiel begeistert. Etwas Bier beim Spiel, gesalzenes Popcorn und gemütlich den Abend willkommen heißen. Die Lichter gingen an, ein wenig zog der Wind ins Stadion und da wusste ich, es wird ein paar mehr Spiele auf dem Weg zurück nach NY geben. Wie, als wenn man sich das erste mal verliebt.

Übernachtet und dann den nächsten Tag weiter nach Chicago. Auf dieser Strecke im Greyhound verschenkte ich sogar mein deutsch – englisch, englisch – deutsch Wörterbuch. An wen? An einen Familienvater, welcher mit seiner Frau und fünf Kindern unterwegs war. In der Schlange vor dem Bus, da musste ich noch mal auf Toilette, fragte ich ihn, ob er kurz auf meine Sachen aufpassen würde. Gesagt, getan. Eigentlich wollte ich … kacken, aber Du kennst so Filme aus den USA, wo die Toilettentüren unten arg offen sind und oben eher sehr niedrig?

Beispielbild.

Damit hätte ich vielleicht noch leben können. Aber so gar keine Türen? Dann also doch nur pinkeln und hoffen :-D. Wieder in der Schlange, mit dem Mann gesprochen. Ich muss dazu sagen, sie sahen alle sehr „Deutschland von vor 200 Jahren“ aus. Er sprach deutsch, ja. Aber ich brauchte gut 30min um es zu verstehen, dahinter zu kommen, wie er was meinte. Musste immer wieder nachfragen, mir einiges neu erklären lassen. Des Rätsels Lösung? Es waren Amish People. Und davon gibt es viele in den USA & Kanada. Viele in Pennsylvania, Lancaster Country (der Film mit Harrison Ford „der einzige Zeuge“ spielt dort. Und ich glaube, auch der Film mit Tim Allen „zum Teufel mit den Millionen“). Aber auch Ohio. Und die Familie kam aus West Salem, Ohio. Und wollten zu einer anderen Ordnung (heißt so) in Minnesota.

Sie nannten die Amerikaner übrigens Engländer. Er zeigte mir auch seine Bibel und Gesangsbuch. Sicher, es war auf deutsch. Aber leider in einer Schrift, die ich bis heute nicht lesen kann. Ein zwei Worte, okay. Aber mehr auch nicht. Und so wie sie die Bibel lasen, so musst Du Dir auch das deutsch Sprechen vorstellen. Sehr altes deutsch. Aber klar, woher sollen denn neue Einflüsse herkommen? Da Amish keinen Strom „kennen“, also keinen nutzen. Alles per Handarbeit bzw. durch Pferdefuhrwerke machen, waren die Kinder happy, dass sie die Lichter über sich immer an und aus schalten konnten. Es war eine Disco auf Rädern. Da konnte der Vater noch so sehr ermahnen, keine Chance :-D. Und an der Raststätte wurden die Kinder mit Fastfood versorgt, dass es eine wahre Freude war. Und ich? Ich habe Reiswaffeln gefressen, diesen scheiß trockenen Fraß. Weil ich sparen wollte/musste. Egal.

Mit dem Vater gequatscht, sogar Adressen ausgetauscht und am Ende habe ich ihm eben dieses Wörterbuch geschenkt. Wir haben dann noch so knapp über ein Jahr uns Briefe geschrieben. Ich per Computer und er in der sehr alten deutschen Schrift. Ich glaube, ich brauchte länger seine Briefe zu lesen als er sie zu schreiben. Sachen gibt es. Jedenfalls war es für mich eine der besonderen Begegnungen überhaupt. Und ich beziehe es nicht nur auf die USA Reise, eher so überhaupt. Denn kannst Du Dir vorstellen, so zu leben, so wie vor 200 Jahren? Und wie ich so frage, beantworte ich es für mich selbst: ja. Aber. Ja, es gibt immer ein aber. Ich denke, ich könnte es für ein paar Wochen. Vielleicht sogar für ein Jahr. Aber für immer? Ohne Strom, ohne Internet, ohne TV? Und auch sonst so Dinge, Dinge die wir für selbstverständlich nehmen, auch wenn sie noch so überflüssig oder komplett nutzlos sind, darauf für immer verzichten? Von der Idee her ja, aber ich glaube, ich kann es dann doch nicht. Aber beeindruckt hat es mich bis heute. Eine gewisse Sehnsucht will ich auch gar nicht verleugnen.

In Chicago trennten sich unsere Wege. Ich bezog ein Hotel, war auf dem Sears Tower (damals hatte ich keine Höhenangst, war sogar in NY im WTC, im „Windows of the World“ in der 107. Etage.) 1997.

Ach ja, und ich war beim Baseball in Chicago. Keine Frage. Gehört sich so.

Und nach zwei Tagen ging es nach Milwaukee, Wisconsin. Doch davon später mal. So Mitte Juni herum. Denn … ach ich schreibe es Dir später.

Nur so viel: in der regulären Saison sehe ich ein Spiel live pro Tag, auch mal zwei oder auch drei Spiele. Es ist eben Baseball. Da macht man so was.

Tut mir leid, dass ich diesmal keine Fotos einfügen konnte. Es ist ja nicht so, dass ich keine hätte. Es ist nur so, dass sie auf einer Diskette sind. Auf drei Disketten sogar. Jedoch habe ich kein einzigen Computer, wo ich eine Diskette nutzen könnte. Ja ja, schöne neue Zeit. Am Arsch :-D

Hier mal einer der jährlichen Versuche in Japan: ist sogar auf youtube.

erst mal alles auf reset setzen
no Ramen, no Life

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